Das Ende der Germania

Es ist schon erstaunlich genug, daß das Bildnis der gepanzerten Schauspielerin Anna Führing mit aufgesetzter Kaiserkrone sich noch in der Nachkriegszeit halten konnte . . .

und sogar im separaten Postgebiet Bayern eingesetzt wurde, das kam so (entnommen dem Band: Bayerns Postwert=Zeichen 1849-1920, München 1924):

"Der Änderung der Staatsform infolge der Vorgänge im November des Jahres 1918 trug Bayern nach dem Beispiel anderer zunächst durch einen Aufdruck auf die vorhandenen Markenbilder Rechnung. Hierbei wurde, den Anordnungen der revolutionären provisorischen Regierung entsprechend, die Bezeichnung "Volksstaat Bayern" gewählt. Diese hatte allerdings nur kurzen Bestand, denn das am 17. März 1919 erlassene "Vorläufige Staatsgrundgesetz" erklärte Bayern zum "Freistaat". Die dadurch veranlaßte Änderung des Markenaufdrucks sollte in überraschender Weise Gestalt annehmen: Nach Ausrufung der Räterepublik in München in der Nacht vom 6. zum 7. April 1919 blieb die Landeshauptstadt wochenlang vollständig von der Außenwelt abgeschlossen. Auch Postwertzeichensendungen kamen nicht mehr durch die Sperrlinie. Dies veranlaßte die verfassungsmäßige Regierung, von Bamberg aus mit dem Reichspostministerium in Berlin die Lieferung von Germaniamarken mit dem Überdruck "Freistaat Bayern" zu vereinbaren. Mit diesen war eine größere Anzahl von Postanstalten bereits versorgt und in einigen pfälzischen Orten waren die Aushilfsmarken zu 2 ½, 5, 7 ½ und 10 Pf. auch schon in den Verkehr gekommen, als die Münchener Gewaltherrschaft am 1. Mai ihr Ende erreicht hatte. Nun brauchte auf die von Berlin bezogenen Marken vorerst nicht weiter zurückgegriffen zu werden.

Um die Lagerbestände der in der Pfalz ausgegebenen Überdruckmarken aus Berlin nicht vernichten zu müssen und angesichts der Tatsache, daß die Bereitstellung des stetig wachsenden Markenbedarfs mehr und mehr große Schwierigkeiten bereitete, entschloß sich die Verwaltung, die Vorräte jener Behelfsmarken nach Herstellung einer Ergänzungsauflage nachträglich bei allen Postanstalten auszugeben. Mit dem Verkauf sollte am 7. Oktober 1919 begonnen werden, doch brachten einzelne Stellen die Marken schon Ende September in den Verkehr."

Gültig war diese Ausgabe nur bis zum 31.1.1920:

Nicht beanstandet

 

Beanstandet

Und so haben wir die kuriose Situation, daß in der Übergangszeit von der Bayrischen Post auf die Deutsche Reichspost (beginnend am 1.4.1920 mit Aufbrauch bis 30.6.1920) zusätzlich zu den diversen bayrischen Marken die Germania gültig war:

Gültige Marken

 

Gültige Marken

nicht aber die Germania/ Freistaat:

Nicht gültig

Die ersten Germania- Marken, die im gesamten Reichsgebiet ihre Gültigkeit verloren, waren die Aufdruckmarken (Mi-Nr. 154-57):

Aufdruckmarken

nachdem von der 10 M.- Marke Fälschungen aufgetaucht waren:

Fälschung

Nach dem 20.1.1922 durfte das Publikum diese nicht mehr verwenden:

Nicht erlaubt

 

Nicht erlaubt

Die Post hat diese Marken im Innendienst (z.B. auf Paketkarten) bis zum 31.10.1922 aufgebraucht:

Innendienst

Der 31.10.1922 war auch das endgültige Ende für die Verwendung aller übrigen Germania- Marken:

Nicht beanstandet

 

Beanstandet

 

Beanstandet

Wobei ich oben Belege zeige, die unbeanstandet geblieben sind, und demgegenüber solche, wo Nachgebühr erhoben wurde. Ich zeige auch die beiden Varianten, wo der Postler die Ungültigkeit gleich erkannt hat und wo die Beanstandung erst nach dem Stempeln erfolgte.

Grundsätzlich, die Gültigkeit einer Briefmarkenausgabe bestimmt die Post, man muß also genau beachten, was diesbezüglich in den Amtsblättern veröffentlicht wurde.
Ein Beleg mit solchen Marken, die die Post dann nicht beanstandet hat, bedeutet eben nicht, daß dieser "einwandfrei" ist, der ist eben nur unbemerkt durchgeschlüpft.